Mehr Züge, neue Fracht: DB Cargo will in Rostock wachsen
Der Rostocker Seehafen wächst – und das spürt auch die Deutsche Bahn: Mehr und mehr Fracht wird mit Güterzügen an die Kais transportiert. DB Cargo will deshalb ausbauen – die Gleise und das Personal.
Lokführer Jürgen Schulz verbindet Lok und Wagen vor der Abfahrt. Er bringt den Zug bis Halle/Saale, dort übernehmen Kollegen und weiter geht es bis Italien.
Rostock - Ein kurzer Gruß aus dem Fenster, ein Nicken – und Lokführer Jürgen Schulz setzt den 1600-Tonnen-Koloss in Bewegung. Ein Rumpeln, dann rhythmisches Klackern auf den Schienen und schon rollt die schwere E-Lok samt knapp 50 voll beladener Wagen los. Ziel: Italien. Papier aus Finnland, Maschinenteile aus Schweden, Dünger aus Poppendorf: Der Güterbahnhof Rostock-Seehafen wird mehr und mehr zu einem der wichtigsten Umschlagplätze im Warenverkehr zwischen Nord- und Mitteleuropa. Und die Weichen für ein weiteres Wachstum sind längst gestellt: Die Deutschen Bahn-Tochter DB Cargo plant riesige Investitionen in Rostock – in neue Gleise bis an die Kai-Kante, vor allem aber in neues Personal. „Wir haben aktuell 110 Mitarbeiter, wollen künftig mindestens 130 Kollegen im Seehafen beschäftigen“, sagt Standortleiter Uwe Böldt.
Geplanter Ausbau des Güterbahnhofs Rostock-Seehafen Die Bahn wird wieder attraktiv Der Güterbahnhof am Rande Dierkows entstand bereits in der 1960er Jahren – zeitgleich mit dem Seehafen. Zu DDR-Zeiten wurden bis zu 95 Prozent aller Güter, die an den Rostocker Kaikanten umgeschlagen wurden, per Bahn an- und abtransportiert. Nach der Wende aber verloren der Güterbahnhof und seine insgesamt einst 240 Kilometer langen Gleis-Anlagen an Bedeutung, mehr und mehr Fracht ging auf die Straße. Doch nun wendet sich das Blatt erneut: „Die Rahmenbedingungen haben sich verändert“, sagt DB Cargo-Standortleiter Böldt. Ein Grund: Die Diskussionen über zunehmenden Verkehr auf den Straßen, über schädliche (Diesel-)Abgase. „Die Bahn ist eine umweltfreundliche Alternative“, so Böldt.
Der jüngste Beleg: Im September startete die Spedition Lkw Walter eine neue Bahn-Verbindung nach Cervignano in Italien. Große Lkw-Anhänger werden statt auf der Straße auf Zügen transportiert. „Kombinierter Ladungsverkehr“ (KLV) nennt sich das Konzept in Logistik-Deutsch. „Wir haben mittlerweile 54 Züge pro Woche im KLV“, erklärt Andreas Schwarz, Betriebsleiter bei DB Cargo in Rostock. Verona (Italien), Brünn (Tschechien), Hamburg, Halle und auch das Ruhrgebiet stehen auf dem Fahrplan. Bei den Speditionen wird dieses Angebot zunehmend beliebter: Nach Angaben des Hafenbetreibers Rostock Port wurden 2017 mehr als zwei Millionen Tonnen Fracht allein im KLV umgeschlagen. Die Zahl der per Bahn transportierten Trailer stieg von knapp 70 000 im Jahr 2015 auf mehr als 80 000 im vergangenen Jahr.
So arbeitet DB Cargo in Dierkow und im Seehafen Rangieren, zusammenstellen, fahren Die 110 Mitarbeiter von DB Cargo im Seehafen sorgen Tag für Tag dafür, dass die Warenströme nicht enden: Die Rangierlokführer, die Lokführer und Wagenmeister stellen die Güterzüge zusammen, rangieren und parken die schweren Wagen, prüfen die Sicherheit der Züge und ob alle Waren korrekt beladen sind. „Vor jeder Fahrt werden die Bremsen geprüft – immer von zwei Kollegen“, sagt Betriebsleiter Andreas Schwarz. Die Lokführer – wie Jürgen Schulz zum Beispiel – fahren die Güterzüge dann bis Halle. „Dort ist für uns Schluss, ein Kollege übernimmt den Zug auf dem Weg nach Italien. Wir fahren dann am nächsten Tag einen anderen Zug nach Rostock zurück“, erzählt Schulz.
Bis zu 750 Meter lang können die Güterzüge werden, wenn sie sich von Dierkow aus auf den Weg nach ganz Europa machen. „Die schwersten Züge transportieren bis zu 3500 Tonnen auf einmal“, so Schwarz. Das seien Eisenerz-Transporte, bestimmt für das Arcelor Mittal-Stahlwerk in Eisenhüttenstadt. „Wenn der Seekanal vertieft wird und noch größere Erzfrachter in Rostock festmachen, wollen wir bis zu 4500 Tonnen pro Zug transportieren“, so Schwarz. Dafür müssten aber auch die Gleise in Richtung Berlin ausgebaut werden – für eine höhere Achslast, bis zu 25 Tonnen. In Dierkow „parkt“ DB Cargo aber auch Wagen: „Wir haben Güterwaggons, die im Sommer zum Beispiel für Baustoffe genutzt werden und hier auf ihren Einsatz warten. Oder auch Wagen, die im Winter Salz befördern.“
Gas für Rövershagen, Papier für Ikea Die Trailer-Züge sind aber längst nicht die einzige Fracht, die DB Cargo in Rostock bewegt: Täglich läuft eine Fähre mit Güterwagen an Bord nach Trelleborg in Schweden aus. Zwischen dem Düngemittelwerk von Yara in Poppendorf pendeln täglich zwei weitere Züge. Sechs Züge pro Tag bringen neue Fracht aus Seddin bei Berlin (dort hat auch Standortleiter Böldt seinen Hauptsitz) und Hamburg-Maschen. Und: Werkstag rollen Züge von Dierkow in den Fischereihafen, nach Lalendorf, Möllenhagen bei Waren/Müritz und auch Rövershagen. „In Rövershagen und Lalendorf haben große Gashändler ihren Sitz. Die beliefern wir zum Beispiel mit Propan“, sagt Böldt.
Und dann wären da noch „besondere“ Projekte: Seit Monaten beispielsweise transportiert DB Cargo die schweren Stahlrohre für die neue Gaspipeline Nord Stream 2. Die Stahl-Elemente werden in Mülheim an der Ruhr gefertigt, kommen per Bahn in den Nordosten. „Wir lagern sie in Dierkow zwischen, bringen sie dann nach Lubmin, nach Sassnitz oder auch noch Polen“, so Andreas Schwarz. Und: „Rund 100 Wagen pro Wochen gehen beladen mit Papier raus. Es gibt aber auch Wochen, da rollt ein kompletter Sonderzug mit Papier pro Tag von Rostock aus.“ Wenn der Möbelriese Ikea seine neuen Kataloge drucken lässt, spürt das auch DB Cargo im Seehafen. „Der Katalog hat ja immerhin eine Auflage von zwei Millionen Exemplaren. Und das Papier dafür kommt komplett aus Rostock.“
Getreide, LNG, Stahl: Neue Chancen für DB Cargo Die Bahn-Tochter ist überzeugt, dass der Rostocker Hafen auch in Zukunft wachsen wird: „Und wir müssen darauf vorbereitet sein, ebenfalls zusätzliche Verkehr zu übernehmen“, sagt Standortleiter Böldt. Stahlplatten für die Eisenwerke im Seehafen oder auch für Liebherr: Das ist schon jetzt ein Geschäft für DB Cargo. Ein russisch-belgisches Konsortium will im Seehafen das erste deutsche Terminal für das Flüssiggas LNG bauen und Europa weiter liefern. Ebenfalls eine Chance für die Bahn. Der Getreidehändler Beiselen hat bereits angekündigt, Getreide für sein neues Terminal ebenfalls per Bahn aus dem Süden nach Rostock transportieren zu wollen. „Wir brauchen mehr Triebfahrzeuge im Seehafen, aber auch mehr Personal.“ Erstmals bildet DB Cargo deshalb auch Wagenmeister in Rostock aus.
Und gebaut werden soll auch: Bisher ist die Reise für alle E-Loks mit Ziel Rostock in Dierkow vorbei. In den Hafen geht es für die Güterzüge dann nur mit Diesel-Loks. Das will DB Cargo ändern. Derzeit werde an Plänen gearbeitet, bis 2022 elektrisch bis in den Hafen, bis an die Kai-Kanten fahren zu können. „Konkretes gibt es aber noch nicht“, sagt Böldt.
Erster Sonderzug fährt von Templin nach Eberswalde
Die Regionalbahn hält auch in Milmersdorf.
Sechs Jahre haben Templin und seine Partner um die einst gestrichene Zugverbindung nach Eberswalde gekämpft. Am 9. Dezember soll es losgehen.
Mit einem Festakt feiern die Niederbarnimer Eisenbahngesellschaft, der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg und die beteiligten Kommunen am Montag den Start der „Schorfheide-Bahn“ an der wiederbelebten Bahnstrecke Templin-Joachimsthal-Eberswalde. Aus diesem Anlass soll schon einmal ein Sonderzug auf die Strecke geschickt werden, der mit viel Prominenz gegen 11.15 Uhr von Joachimsthal nach Templin (Ankunft gegen 12 Uhr) und dann zurück bis nach Eberswalde fahren soll, um auf das neue Angebot aufmerksam zu machen.
Der Fahrplan soll am 9. Dezember in Kraft treten – vorbehaltlich der Finanzierungszusagen der beiden Landkreise, deren Kreistage darüber noch Anfang Dezember befinden müssen.
Sieben Zugpaare täglich sollen zwischen Eberswalde und Templin in den nächsten drei Probejahren verkehren. Haltestationen sind Ahrensdorf, Milmersdorf, Götschendorf, Ringenwalde, Friedrichswalde, Joachimsthal, Joachimsthal Kaiserbahnhof, Althüttendorf, Golzow und Britz.
Zum ersten Mal seit zwölf Jahren wird es damit wieder eine durchgehende Verbindung zwischen Eberswalde und Templin (Stadt) geben. Die Fahrt soll nur eine Stunde und wenige Minuten dauern. Von Eberswalde nach Berlin brauchen Reisende dann nur noch eine halbe Stunde.
Auf der Strecke Leipzig-Riesa-Dresden erhalten Bahnfahrer mehr Sitzplätze. Allerdings nur vorübergehend.
In der Adventszeit sind die Züge zwischen Leipzig und Dresden sind mit besonders vielen Sitzplätzen unterwegs, kündigt der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) an.
Elbland. Die Strecke Leipzig-Dresden-Riesa ist die am stärksten genutzte Bahnverbindung im Verkehrsverbund Oberelbe (VVO). Im Dezember wird dort das Angebot vorübergehend ausgebaut. „Die Züge zwischen Leipzig und Dresden sind mit besonders vielen Sitzplätzen unterwegs“, teilt der VVO mit. Grund sind die zahlreichen Adventsmärkte. Deshalb fahren im Advent im VVO mehr Züge mit zusätzlichen Plätzen. Zudem wirbt der Verbund damit, dass in seinem Einzugsgebiet mehr als 2 500 kostenfreie Parkplätze auf P+R-Anlagen zur Verfügung stehen – auch in Riesa.
Der VVO hat jetzt seinen Adventsplaner herausgegeben, der auf 80 Seiten mehr als 120 Weihnachtsmärkte, Konzerte, Theateraufführungen und Ausstellungen im ganzen Verbundraum sowie in den angrenzenden Regionen vorstellt.
Die Bahnstrecken von Leipzig nach Chemnitz und von Dresden nach Prag sind vom Bundesverkehrsministerium aufgewertet worden. Beide Projekte sind nun in den „vordringlichen Bedarf“ aufgenommen worden.
Die Strecken von Leipzig nach Chemnitz und von Dresden nach Prag sollen ausgebaut werden.
Berlin/Leipzig - Das Bundesverkehrsministerium hat zwei wichtige sächsische Bahnprojekte im Bundesverkehrswegeplan in die Top-Kategorie mit gesicherter Finanzierung hochgestuft. Es handelt sich um die Neubaustrecke Dresden-Prag und die Verbindung Leipzig-Chemnitz, wie aus einer Liste des Ministeriums hervorgeht. Beide Bahnprojekte sind nun in den „vordringlichen Bedarf“ aufgenommen.
Strecke nach Prag soll 1,5 Milliarden kosten Für die geplante Neubaustrecke zwischen Dresden und Prag ist damit die Finanzierung des deutschen Teils - inklusive eines 26 Kilometer langen Tunnels im Erzgebirge - gesichert. Die Gesamtkosten werden mit gut 1,5 Milliarden Euro beziffert. Auch die lange erhoffte Elektrifizierung auf der Strecke Leipzig-Chemnitz kann nun in Angriff genommen werden. Damit könnte Sachsens drittgrößte Stadt Chemnitz auch wieder an das Fernverkehrsnetz der Bahn angeschlossen werden.
„Damit stehen endlich auch offiziell alle Signale auf grün. Ich freue mich sehr, dass unsere vielfältigen Bemühungen erfolgreich waren. Für die Menschen im Elbtal und viele tausend Pendler auf sächsischen Autobahnen, ist die Entscheidung für die Neubaustrecke nach Prag eine Perspektive auf Entlastung“, so Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig.
Das Bundesverkehrsministerium beziffert die Gesamtkosten für den Ausbau des Abschnitts von Leipzig nach Chemnitz mit 110 Millionen Euro. Er soll über Borna und dann durch den Citytunnel führen. Fernzüge sollen den Plänen zufolge künftig von Chemnitz über Leipzig nach Berlin fahren.
In dem Papier wird außerdem ein Ausbau auf der Parallelstrecke von Leipzig über Bad Lausick nach Geithain genannt, der über das Programm Deutschland Takt finanziert werden soll. Ein Termin dafür steht noch aus.
Sachsen prüft S-Bahn nach Rochlitz Die sich anschließenden Projektplanungen soll nun schnellstmöglich fortgesetzt werden. „Wir erwarten in den kommenden Tagen nähere Ausführungen des Bundes, für welche Streckenführung er sich entschieden hat“, so Dulig weiter. Klar seit somit auch, so der Chemnitzer Bundestagsabgeordnete Detlef Müller (SPD), dass der Bundesanteil an der Finanzierung gesichert ist. Müller hatte sich für die Strecke in seinen Wahlkreis stark gemacht. In einem früheren Entwurf des Bundesverkehrswegeplans war die Route nicht enthalten gewesen.
Im September 2018 war zwischen der Bahn AG und dem sächsischen Verkehrsministerium eine zusätzliche Planungsvereinbarung unterzeichnet worden, die neben der Aktualisierung der Vorplanungsunterlagen einen Einbezug des Streckenabschnittes Rochlitz – Narsdorf und die Einbindung ins S-Bahn-Netz prüfen soll.
Viele Vorhaben steigen auf Im Bundesverkehrswegeplan 2030 gibt es neben den dringlichsten Neubau- und Ausbauprojekten auch die Kategorie „potenzieller Bedarf“. Nun steigen viele Vorhaben in den sogenannten vordringlichen Bedarf auf, weil eine „positive gesamtwirtschaftliche Bewertung“ vorliege. Der Verkehrswegeplan 2030 war 2016 beschlossen worden. Er sieht Investitionen in Straßen, Schienen und Wasserwege in ganz Deutschland von insgesamt mehr als 270 Milliarden Euro vor. 40 Prozent der Mittel gehen an Bahnprojekte.
Jahrelang hat die Region um einen Fernverkehrsanschluss gekämpft, nun hat der Bund die Finanzierung zugesichert. Doch es gibt einen Haken.
Berlin/Chemnitz - Jetzt ist es amtlich: Die Bahnstrecke von Chemnitz nach Leipzig kann elektrifiziert werden. Das Bundesverkehrsministerium hat am Dienstag grünes Licht dafür gegeben. Das Ausbauvorhaben steht jetzt im sogenannten vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans - die Voraussetzung dafür, dass der Bund das Projekt finanziert. In den ursprünglichen Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans war die 81 Kilometer lange Bahnstrecke gar nicht aufgenommen worden, das geschah erst nachträglich auf Druck aus Region und Politik. "Jetzt endlich die Gewissheit mit Brief und Siegel zu haben, dass Ausbau und Elektrifizierung kommen werden, das ist schon etwas ganz Besonderes", sagte der Chemnitzer SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Müller. Man habe lange dafür gekämpft.
Allerdings ist als vordringliches Vorhaben vorerst nur ein Teilabschnitt der Strecke vorgesehen - das Teilstück von Chemnitz nach Geithain. Dafür sind laut Ministerium Gesamtkosten von 110 Millionen Euro vorgesehen. Von Geithain aus sollen die Züge dann über die bereits elektrifizierte Verbindung via Frohburg und Böhlen nach Leipzig geführt werden. Die Züge kommen wie die S-Bahnen dann im City-Tunnel an, der allerdings aufgrund der hohen S-Bahn-Dichte schon als sehr gut belegt gilt. Der zusätzliche Ausbau des Teilstückes Geithain-Leipzig-Bad Lausick sei im Gutachtervorschlag Deutschland-Takt enthalten, hieß es. Im Rahmen dieses Fahrplanmodells strebt die schwarz-rote Bundesregierung an, die bereits seit Jahren diskutierte engere Verzahnung von Nahverkehrs- und Fernzugangeboten bis 2030 umzusetzen.
Die Aufnahme des Vorhabens in den vordringlichen Bedarf des Verkehrswegeplans war an eine Kosten-Nutzen-Analyse geknüpft. Die fiel am Ende mit dem Wert 1,6 überraschend positiv aus. Die ebenfalls hochgestufte Neubaustrecke Dresden-Prag schnitt in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung dagegen mit 1,3 schlechter ab. Laut Bundesverkehrsministerium muss ein Wert von mindestens 1,0 erreicht werden.
Bahnstrecke nach Görlitz fällt durch Der Bund stuft weitere Bahnprojekte im Bundesverkehrswegeplan hoch. Doch zwei Vorhaben in der Lausitz müssen warten.
Es ist zwei Jahre her, dass der neue, bis 2030 laufende Bundesverkehrswegeplan vom Bundestag bestätigt wurde. Nun wird er noch einmal ergänzt. Bundesweit wurden seitdem 44 Schienenprojekte unter die Lupe genommen und auf Wirtschaftlichkeit geprüft. Ergebnis: 29 Vorhaben wurden zusätzlich in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) hochgestuft - und können damit vom Bund auch finanziert werden. Dabei handelt es sich um 22 Neu- und Ausbauprojekte, sechs Knotenausbauten und Maßnahmen für den Einsatz von 740-Meter-Güterzügen.
Neben der Strecke Chemnitz-Leipzig hat es auch die Neubaustrecke Dresden-Prag in die höchste Dringlichkeitsstufe des BVWP geschafft. Für den Teil auf sächsischer Seite inklusive eines 26 Kilometer langen Tunnels durchs Erzgebirge sind 1,54 Milliarden Euro eingeplant. "Damit kann ein Jahrhundertprojekt im internationalen Schienenverkehr, für das sich Sachsen immer stark gemacht hat, angegangen werden", sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU).
Mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) von 1,3 ist das milliardenschwere Vorhaben jedoch etwas schlechter bewertet worden als die Strecke Chemnitz-Leipzig, die auf einen Wert von 1,6 kam. Voraussetzung dafür, dass der Bund ein Projekt finanziert, ist ein NKV von mindestens 1. Sieht man einmal von Ertüchtigungsmaßnahmen für Güterzüge und einzelne Knotenprojekten ab, die besonders hohe Bewertungen erzielten, gibt es unter den 22 Neu- und Ausbauprojekten nur zwei, die ein besseres NKV haben als die Strecke nach Leipzig.
Nicht hochgestuft wurden die Strecken Dresden-Görlitz und Cottbus-Görlitz, da sie "nicht die Kriterien erfüllen", wie das Bundesverkehrsministerium erklärte. Hier müsse nun geprüft werden, ob sie innerhalb des Elektrifizierungsprogramms des Bundes umgesetzt werden könnten. Stephan Kühn, Verkehrsexperte der Grünen, wies aber darauf hin, dass das Programm bisher nur auf dem Papier existiere und die inhaltliche Gestaltung offen sei. Lukas Iffländer, Vize-Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, äußerte sich ähnlich. Dabei brauche man die Verbindungen dringend, sagte er. Die Polen seien da auf ihrer Seite viel weiter. Abgelehnt wurden auch die Ausbauvorhaben auf den Strecken Nürnberg-Weiden sowie Bayreuth-Bamberg-Hof.
In den frühen Morgenstunden hat die Bundespolizei in Leipzig eine Gruppe junger Sprayer verfolgt – und dabei einen Hubschrauber eingesetzt.
Leipzig - Nahe des Leipziger Hauptbahnhofs hat die Bundespolizei am Freitagmorgen sechs Sprayer mit einem Hubschrauber aufgespürt und festgenommen. Die Männer im Alter von 18 bis 26 Jahren besprühten gegen 5 Uhr eine abgestellte S-Bahn, wie die Bundespolizei mitteilte. Sicherheitsmitarbeiter der Bahn erwischten die Gruppe und informierten die Beamten.
Um das Gelände abzusuchen, sei der Hubschrauber eingesetzt worden. Kurz darauf nahmen Polizisten die Gruppe fest. Drei der Männer seien bereits wegen ähnlicher Straftaten bekannt, hieß es.
Die Beamten stellten außerdem Sprayer-Utensilien und Fotokameras sicher. Gegen die Beschuldigten sind den Angaben zufolge Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung eingeleitet worden.
Ein neu gegründetes Tochterunternehmen der Deutschen Bahn will den Betrieb wichtiger regionaler Zugverbindungen in der Oberlausitz übernehmen. Dagegen wehrt sich die Länderbahn und hat einen Teilerfolg errungen.
Die Neuvergabe der Regionalbahnverbindungen in der Oberlausitz liegt auf Eis. Das teilte die Landesdirektion mit. Nach einer umfangreichen mündlichen Verhandlung hatte die Vergabekammer am 30. Oktober entschieden, dass die Verkehrsgesellschaft Start Ostsachsen den Zuschlag nicht erhalten darf. Zu den Gründen wollte sich die Landesdirektion nicht äußern. Es laufe noch eine Klagefrist - das Verfahren sei somit formell noch nicht abgeschlossen, sagte der Pressesprecher Holm Felber.
Damit ist im Moment unklar, wer ab Dezember nächsten Jahres die bisher von der Länderbahn bedienten Strecken des sogenannten Ostsachsennetzes II übernimmt.
Günstigere DB-Tochter Bereits vor zwei Jahren hatten die zuständigen Verkehrsverbünde Zvon und Zvoe gemeinsam mit dem Liberecky kraj und dem Ustecky kraj die Strecken im Dreiländereck europaweit neu ausgeschrieben. Dabei geht es um den Betrieb verschiedener Regionalbahnverbindungen zwischen Dresden und Görlitz, Dresden und Zittau sowie Liberec und Seifhennersdorf für einen Zeitraum von zwölf Jahren. Im Gegensatz zu früheren Ausschreibungen handelt sich diesmal laut Zvon-Sprecherin Sandra Trebesius um ein deutlich größeres Paket. "Für den, der den Zuschlag erhält, ist das noch mal eine andere Nummer", so Trebesius.
Auf die Ausschreibung hatten sich genau zwei Unternehmen beworben: die Länderbahn, die bisher hier mit ihren Trilexzügen fährt, und die 2016 gegründete Verkehrsgesellschaft Start Ostsachsen, eine hundertprozentige Tochter der DB Regio AG. Das Angebot der DB-Tochter sei wirtschaftlich besser gewesen, weshalb man ihr den Zuschlag erteilen wollte, berichtete die Zvon-Sprecherin.
Ostsachsennetz II Zum Ostsachsennetz II gehören die Schienenpersonennahverkehrsleistungen auf den Strecken • Dresden – Bautzen – Görlitz (RE1 und RB60) • Görlitz – Bischofswerda (RE1V/Verstärkerzug) • Dresden – Zittau – Liberec (RE2) • Dresden – Ebersbach – Zittau (RB 61) • Liberec – Zittau – Varnsdorf – Seifhennersdorf (L7)
Teilerfolg für die Länderbahn Doch die konkurrierende Länderbahn zweifelte die Eignung der Verkehrsgesellschaft Start Ostsachsen an und wandte sich deshalb mit einem Vergabenachprüfungsantrag an die Landesdirektion. Es sei um mehrere Punkte gegangen, berichtete Länderbahnsprecher Jörg Puchmüller. Man freue sich jetzt über den Teilerfolg, erklärte Puchmüller bezüglich der Entscheidung der Landesdirektion. "Wir haben ein gültiges Angebot abgegeben und warten das weitere Verfahren ab", fügte der Sprecher hinzu.
Beschwerde beim Oberlandesgericht möglich Rund eine Woche haben die Verfahrensbeteiligten noch Zeit, um sich über nächste Schritte zu einigen. Laut Trebesius stehen den Verkehrsverbünden genau zwei Optionen zur Wahl: Entweder geht man gegen die Entscheidung der Vergabekammer juristisch vor und besteht auf das ursprüngliche Ergebnis oder man erteilt der Länderbahn als zweiten Bieter den Zuschlag.
Die DB-Tochter überlegt unterdessen, ob sie versucht, mit rechtlichen Schritte den Erhalt der geplanten Vergabeentscheidung durchzusetzen. Dazu müsste das Unternehmen beim Oberlandesgericht Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer einlegen. "Wir sind uns sicher, dass die Start GmbH die Anforderungen für einen erfolgreichen Betrieb im Ostsachsennetz voll erfüllt und ein überzeugendes Angebot vorgelegt hat", sagt dazu die Unternehmenssprecherin Kerstin Scholz.
Für Fahrgäste auf der Schnellfahrstrecke zwischen Berlin und München bleibt die Deutsche Bahn der einzige Anbieter. Der Konkurrent FlixMobility will seinen Fernzug Flixtrain dort vorerst doch nicht fahren lassen, wie ein Sprecher mitteilte. Grund sei das lange Zulassungsprozedere für die Züge. Das dauere zehn Monate. Die Strecke dürfe man dann zwölf Monate nutzen - das ergebe wirtschaftlich keinen Sinn. Das Unternehmen forderte mehr politische Unterstützung, damit mehr Wettbewerb auf der Schiene entstehen könne.
Geplanter Betrieb ab Dezember 2018 Im Mai dieses Jahres hatte Flixtrain angekündigt, ab dem kommenden Fahrplanwechsel im Dezember über die Strecke durch den Thüringer Wald fahren zu wollen. Geplant war jeweils ein Zugpaar von Berlin über Erfurt nach München und wieder zurück fahren zu lassen. Bereits seit Ende März rollen Flixtrain-Züge zwischen Hamburg und Köln und seit April zwischen Stuttgart und Berlin.
Monatelang stritt der SPD-Politiker mit den Landräten und Zweckverbänden um Verbesserungen im Nahverkehr. Nun zieht er die Reißleine.
Dresden. Frust und Ärger waren Martin Dulig anzumerken, als er am Donnerstag vor die Presse trat. Monatelang hatte der SPD-Mann in seiner Eigenschaft als Verkehrsminister mit Landräten und Zweckverbänden gerungen, um ein Schüler- und ein Azubiticket in Sachsen einzuführen. Doch zu einer Einigung kam es nicht. Auch bei anderen Punkten ging es nicht voran. Ein Sachsentarif für alle überregionalen Fahrten, der die Verbundgrenzen für die Kunden unsichtbar macht, sei auf die "ferne Zukunft" verschoben worden. Und statt des in der ÖPNV-Strategiekommission vereinbarten überregionalen Takt- und Plus-Busnetzes gebe es nur den Vorschlag, die bisherigen Netze besser zu vertakten. Dulig zog seine Schlüsse: "Ich werde eine Landesverkehrsgesellschaft gründen."
Der Minister hielt seinen Ärger nicht zurück: "Ich habe die Nase voll." Ihm seien von den Zweckverbänden in Sachen Schüler- und Azubiticket immer wieder neue Zahlen präsentiert worden, immer wieder sei eine Einigung aufgeschoben worden. Dulig sprach von "fehlender Transparenz". "Ich bin es leid, dass man hier pokert, um mehr Geld rauszuschlagen", sagte er. Diese Situation wolle er beenden. "Wenn es im Konsens nicht geht, müssen wir Strukturen verändern."
Binnen dreier Jahre soll nun eine Landesgesellschaft gegründet werden, die für den Schienennahverkehr und das neue Plusbus-System zuständig sein wird. Für die lokalen Buslinien blieben aber die Landkreise zuständig. Zudem will Dulig in einem Gesetz die Bedingungen für ein sachsenweites Schülerticket zum Preis von zehn Euro und ein Azubiticket zum Preis von unter 50 Euro definieren. "Ich werde selber die Strukturen in die Hand nehmen, um die Aufgaben zu erfüllen." Bereits im Januar werde er dem Kabinett einen Gesetzesentwurf vorlegen.
Die CDU reagierte überrascht. "Es ist ein interessanter Vorschlag", sagte Andreas Nowak, Verkehrsexperte der CDU-Fraktion. Man müsse ihn nun diskutieren. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), den Dulig nach eigener Aussage unmittelbar vor der Pressekonferenz über seine Pläne informiert hatte, ist allerdings kein ausgewiesener Freund einer zentralen Verkehrsgesellschaft. Das Argument, dass eine "gewisse regionale Kenntnis" verlorengehe, "wenn es eine riesige Einheit ist", spreche für sich, hatte Kretschmer bei einer CDU-Veranstaltung gesagt.
Die Grünen warfen Dulig Torschlusspanik vor. Die Hauruckaktion zeige, dass er mit der Umsetzung der selbst gesteckten Ziele gescheitert sei, sagte die Grünen-Politikerin Katja Meier. "Ich halte es für unwahrscheinlich, dass die Versäumnisse der gesamten Legislaturperiode so kurz vor der Landtagswahl aufholbar sind", so Meier. Ihr Kollege von den Linken, Marco Böhme, meinte: "Sehr spät zieht Dulig die Reißleine und versucht, die CDU-Landräte auszubooten, die jeden Fortschritt blockieren - Stichwort Bildungsticket." Er begrüße deshalb, dass nun der Ausweg in der Gründung einer Landesgesellschaft gesucht werde.
Beim Sächsischen Landkreistag rieb man sich derweil die Augen. "Wir sind verwundert und zugleich irritiert", sagte Landkreistag-Geschäftsführer André Jacob. Von den Landräten als Vorsitzenden der Verkehrsverbünde sei ja "geliefert worden", sagte Jacob. Mit deren Vorschlägen hätte man schon ab 2019 Verbesserungen für die Menschen erreichen können. "Nun wird es gar keine geben", meinte er.
Jacob wies darauf hin, dass die Forderungen im Abschlussbericht der ÖPNV-Kommission zu ungenau und nicht konkret finanziell untersetzt gewesen seien. Das Land hätte 500 Millionen Euro auf den Tisch legen müssen, um alle Punkte umzusetzen. Stattdessen seien es nur 70 Millionen Euro für 2019 und 2020 gewesen. Dulig habe nie gesagt, was er eigentlich zuerst wolle, so Jacob.
Landesverkehrsgesellschaft gab es schon einmal Bisher wird der ÖPNV von fünf Zweckverbänden organisiert, die 2018 rund 460 Millionen Euro an Regionalisierungsmitteln erhalten. Das sind Mittel, die der Bund den Ländern jährlich für den ÖPNV bereitstellt. Das Geld soll nach den Plänen von Minister Martin Dulig künftig an die Landesverkehrsgesellschaft fließen.
Eine solche Landesverkehrsgesellschaft, die den Schienenpersonennahverkehr plant und steuert, gab es in Sachsen schon einmal - von 1996 bis 1998. Danach wurde diese Aufgabe auf die von den Landkreisen und kreisfreien Städten gebildeten Zweckverbände übertragen. Solche Verbünde gibt es sonst nur noch in Hessen, NRW und Rheinland-Pfalz.
Eine vom Landtag 2015 eingesetzte 27-köpfige ÖPNV-Strategiekommission sollte Lösungen für den Nahverkehr in Sachsen erarbeiten. Zwei Jahre später wurde dann ein 180-seitiges Papier veröffentlicht mit Vorschlägen, wie der ÖPNV kundenfreundlicher und an die Bevölkerungsentwicklung angepasst werden kann.
Es könnten künftig wieder Intercity-Züge in Bad Belzig halten: Wenn die Planungen der Deutschen Bahn AG Realität werden, geht es ab spätestens 2030 ohne Umsteigen von der mittelmärkischen Kreisstadt bis nach Nürnberg.
Bad Belzig - Während der Landrat mit seinem Masterplan und der Zusammenführung der Kreisverwaltung an einem Standort, voraussichtlich Beelitz-Heilstätten, die Bedeutung der Kreisstadt Bad Belzig schwächt, wird der Standort durch die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG aufgewertet. Spätestens im Jahr 2030 könnte hier ein Intercity halten.
Dann, so die Planungen, würde man einerseits Chemnitz und Nürnberg in Richtung Süd sowie Berlin-Südkreuz, Hauptbahnhof und Berlin-Gesundbrunnen im Zwei-Stundentakt erreichen. Neben der bestehenden Regionalbahn wäre das ein weiterer attraktiver Zubringer in die Hauptstadt.
Das sehen zumindest Planungen des Bundesministeriums vor, die im Rahmen der Arbeitsaufnahme des „Zukunftsbündnisses Schiene“ unter dem Schlagwort „Deutschland-Takt“ Anfang Oktober vorgesllt wurden. Demnach sollen die Ausbauarbeiten in spätestens zwei Jahren starten und 2030 abgeschlossen sein. Allerdings gibt es bei dem Halt in Bad Belzig ebenso wie in Michendorf noch einige Fragezeichen. Denn während die Ankunft- und Abfahrtszeiten der Regionalexpresslinie nach und von Dessau schon jetzt genau getaktet sind, fehlt bei dem Intercity diese Angabe aktuell noch.
Der Zug hat bislang die Arbeitsbezeichnung FV2/FR2 und soll ab Berlin Gesundbrunnen verkehren. Zwischen Südkreuz und Michendorf wird der Zug in Richtung Jüterbog geführt, am Außenring dann in Richtung Potsdam und schließlich auf die Wetzlarer Bahn übergeführt. In Leipzig soll er geteilt und ein Zugteil nach Chemnitz, der andere nach Nürnberg verkehren.
Die Planungen sind so genau, dass schon jetzt klar ist, dass der Zuh in den geraden Stunden mit der zweiundzwanzigsten Minute in Dessau ankommen und zwei Minuten später weiterfahren soll. Nach Berlin wird es in den ungeraden Stunden mit der Minute 38 weiter gehen.
Diese Angaben fehlen für Bad Belzig, das jedoch als Streckenpunkt namentlich erwähnt ist. Dabei wird in einem Gutachterentwurf das Beispiel Bad Belzig noch einmal explizit erwähnt.
Wie oft es Fahrgäste von Bad Belzig ins westfälische Lippstadt gibt, ist nicht ermittelt. Aber wer nun aus der Kurstadt im Fläming in die 66 000-Einwohner-Stadt im Kreis Soest mit der Bahn der Zukunft unterwegs ist, wird statt der vier Stunden und 49 Minuten nunmehr das Ziel 33 Minuten früher erreichen – und so elf Prozent Zeitersparnis haben. Damit wäre eines der Ziele des „Zukunftsbündnisses Schiene“ erreicht.
„Gemeinsam wollen wir bis 2030 die Zahl der Fahrgäste verdoppeln und mehr Güter auf die Schiene holen. Und das bei gutem Service und hoher Qualität. Wir wollen den Wow-Effekt und Bahnfahren als Leidenschaft“, gibt sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) begeistert. Es bleibt also abzuwarten, ob sich jemand aus Bad Belzig dann tatsächlich auf den Weg nach Lippstadt macht.
Der Deutschland-Takt ist ein abgestimmter, vertakteter Zugfahrplan für ganz Deutschland – von der regionalen Strecke bis hin zu den Hauptverkehrsachsen. Er integriert Nah- und Fernverkehr und wird zusammen mit den Ländern umgesetzt, die für den Nahverkehr verantwortlich sind. Insgesamt sind dafür Investitionen von 42 Milliarden Euro vorgesehen.
Bad Belzigs Bürgermeister Roland Leisegang hat von den Überlegungen und Plänen noch nichts gehört, deshalb hält er sich lieber mit einer Beurteilung zurück. „Am spekulativen Zukunftsraten möchte ich mich bitte nicht beteiligen“, kommentiert er die Zukunftsaussichten auf Anfrage der MAZ.
Schnelle Verbindungen, mehr Busse auf dem Land, ein einheitlicher Sachsentarif - die Vision eines besseren ÖPNV war vielversprechend. Die Verhandlungen mit den für die Verkehrsverbünde zuständigen Landräten gestalteten sich jedoch zäh. Jetzt erklärt Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) die Gespräche für gescheitert und kündigt die Gründung einer Landesverkehrsgesellschaft an. Er will den öffentlichen Nahverkehr völlig umkrempeln. Das Ziel: moderner Nahverkehr statt eines Flickenteppichs.
Der Nahverkehr in den Großstädten ist meist eng getaktet. Viel schwieriger sind die Verbindungen im ländlichen Raum. In manchen Regionen fahren nur wenige Busse am Tag. (Symbolbild)
Modern, bürgernah, preiswert - so soll der öffentliche Nahverkehr in Sachsen aussehen. Das ist das erklärte Ziel von CDU und SPD. Wie das aussehen könnte, hatte die eigens dafür gegründete ÖPNV-Strategiekommission des Verkehrsministeriums vor elf Monaten in ihrem Abschlussbericht vorgelegt. Darin enthalten: 13 Empfehlungen für einen besseren Nahverkehr.
Sachsen sollen zu 80 Prozent an Nahverkehrsnetz Seitdem verhandelt der Freistaat mit den zuständigen Landräten. Jetzt zieht der Wirtschaftsminister die Reißleine und erklärt die Verhandlungen für gescheitert:
Bei jedem Gespräch wurden mir neue Zahlen präsentiert. So kann man Verhandlungen nicht seriös führen. Wir finanzieren in Größenordnungen den ÖPNV und haben kein Mitspracherecht, was mit dem Geld passiert - das mache ich nicht mehr mit.
Martin Dulig Verkehrsminister Sachsen Dulig erklärte MDR SACHSEN zu den Verhandlungen: "Am derzeitigen Zustand des ÖPNV, würde sich durch den Minimalkonsens, der uns vergangene Woche vorgelegt wurde, kaum etwas verbessern. Ich habe heute mein Ministerium beauftragt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, eine Landesverkehrsgesellschaft zu gründen." Im Laufe der detaillierten Verhandlungen hätte sich ein Großteil der Landräte immer weiter von den Vorschlägen der Kommission entfernt, begründete Dulig seine Entscheidung. Die Landräte sind Vorsitzende der fünf Zweckverbünde, die den ÖPNV in den Landkreisen und kreisfreien Städten in Sachsen organisieren.
ÖPNV Landesverkehrsgesellschaft soll Personennahverkehr übernehmen Wer auf dem Land in Sachsen mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, braucht Zeit. Immer wieder gibt es Initiativen das zu verbessern. Jetzt will Wirtschaftsminister Martin Dulig das sozusagen von oben ändern.
Die Geschäftsführer der Zweckverbünde hatten als Mitglieder der Strategie-Kommission deren Ergebnisse zunächst noch mitgetragen. Ergebnisse, die zumindest Hoffnung machten auf ein Ende der Zersplitterung in zig Tarife und Regeln und Verbesserungen gerade für den ländlichen Raum. Stattdessen hätte es mit dem jetzt vorgelegten Minimalkonsens in naher Zukunft keine Chance für einen echten Sachsentarif gegeben, erklärte Dulig, lediglich Anpassungen an Tarifgrenzen. Zudem habe es statt des in der ÖPNV-Kommission vereinbarten überregionalen Takt- und Plusbus-Netzes nur einen Vorschlag gegeben, die vorhandenen Netze besser miteinander zu vertakten. Das bringe zu wenig, vor allem für den ländlichen Raum, erklärte Dulig.
Kein Vorschlag der Landräte für Bildungsticket Für das im Koalitionsvertrag prioritär vereinbarte geforderte landesweite, kostengünstige Bildungsticket wurde Dulig zufolge gar kein Konzept vorgelegt. Dafür hätten die Zweckverbände ein Ausbildungsticket im jeweiligen Verbundraum für 48 Euro angeboten, für den jeweils benachbarten Zweckverband würden weitere fünf Euro anfallen. Für Schüler sollte es nach dem Willen der Zweckverbände neben den bereits bestehenden - unterschiedlich teuren - Schülertickets, ein Freizeitticket für zehn Euro pro Monat geben. Gültig soll dieses nur innerhalb des jeweiligen Verbundraumes sein.
Zukunftsfähiger Nahverkehr nur mit Landesgesellschaft "Zu wenig ambitioniert, den Sachsen nicht als Erfolg vermittelbar." Das ist die Bilanz von Verkehrsminister Martin Dulig, der zugleich als SPD-Vorsitzender in Sachsen die Wahlen im kommenden Jahr im Auge haben muss.
Meine Schlussfolgerung ist: Einen zukunftsfähigen ÖPNV werden wir nur erhalten, wenn der Freistaat die Verantwortung wieder selbst übernimmt und die Zuständigkeiten in eine Landesgesellschaft überführt. In dieser wollen wir ein einheitliches Tarifsystem, ein einheitliches Nahverkehrsnetz, ein Bildungsticket für Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildende unbürokratisch und ohne lokale Egoismen erarbeiten lassen. Ein Bildungsticket, das seinen Namen auch Wert ist - das den ganzen Tag, im ganzen Land und zu einem einheitlichen Preis gilt. Die Regionalisierungmittel sollen nicht mehr kommunalisiert, sondern über die Landesgesellschaft zweckgebunden ausgereicht werden.
Das heißt im Klartext: Wie in den meisten anderen Bundesländern würde das Land wieder die Strippen ziehen. Dabei geht es aber nicht nur um die Neuaufteilung von Einfluß sondern auch um viel Geld. Aktuell werden rund 460 Millionen Euro Regionalisierungsmittel an die Zweckverbände für den ÖPNV ausgereicht. Die Zeit drängt, im Landtag sollen bis Ende dieser Woche noch die Schlußabstimmungen zum künftigen Doppelhaushalt innerhalb der Regierungsfraktionen CDU und SPD erfolgen. Verabschiedet werden soll der Haushalt 2019/2020 im Dezember im Landtag. Verkehrsminister Dulig rechnet nach ersten Schätzungen, dass der Aufbau einer Landesverkehrsgesellschaft etwas mehr als drei Jahre dauern wird.
Hintergrund Sachsens öffentlicher Nahverkehr ist in fünf Zweckverbänden mit vielen verschiedenen Regeln und Preissystemen organisiert. Dies führt immer wieder zu großen Schwierigkeiten bei Bus- und Bahnverbindungen, die über die Grenzen der Verkehrsverbünde hinaus führen, sowohl für die Verkehrsanbieter als auch für die Nutzer. Unübersichtliche Preissysteme, Zugausfälle, schlechte Anbindungen - die Mängelliste ist lang. Die ÖPNV-Strategie-Kommission hatte mit seinen Empfehlungen auf eine Vereinfachung der Regeln gesetzt und ein modernes Verkehrsanbindungssystem entwickelt. Hoffnung und Ziel sind: ein Ende der Zersplitterung und Verbesserungen gerade für den ländlichen Raum.
Bis zum Jahr 1995 wurde der ÖPNV in Sachsen schon einmal über eine Landesgesellschaft zentral organisiert, geplant und ausgestaltet. Dann entschied der Sächsische Landtag, diese Aufgabe den Landkreisen und kreisfreien Städten zu überantworten. Im Ergebnis entstanden die bis heute tätigen fünf Zweckverbände - getragen von den Landkreisen und kreisfreien Städten als Gesellschafter. In Deutschland ist dies nur noch in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz der Fall, alle anderen Länder organisieren - zumindest ihren Schienen-Personen-Nahverkehr - in eigener Hoheit. 1999 war die Landesverkehrsgesellschaft in Sachsen aufgelöst und liqidiert worden. 2017 hatten CDU und SPD die Finanzierung des ÖPNV in Sachsen langfristig festgeschrieben und damit den Verbünden und Landkreisen Planungssicherheit versprochen.
Der inzwischen in Sachsen entstandene Nahverkehrs-Flickenteppich ärgert nicht nur Fahrgäste sondern auch die Politik. Duligs liberaler Vorgänger im Amt, Sven Morlok, (FDP) war mit seiner Hochzeitsprämie für Verkehrsverbände gescheitert - diese konnten und wollten sich untereinander nicht einigen. Auch Sachsens Grüne forderten eine landesweite Lösung mit ihrem Mobilitätskonzept 2021.
Der Ministerpräsident spricht sich für einen landesweiten Verbund aus. Die Nahverkehrsanbieter sollen sich besser abstimmen, um die Einstellung von Zuglinien zu verhindern.
Parallelverkehre von Bus und Zug sollen vermieden werden, um nicht die Eisenbahn zu schwächen. Foto: Peter Michaelis Parallelverkehre von Bus und Zug sollen vermieden werden, um nicht die Eisenbahn zu schwächen. Foto: Peter Michaelis
Gera. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) will sich für einen thüringenweiten Verkehrsverbund einsetzen, um eine Mobilitätsgarantie für die Einwohner zu schaffen. Ziel ist, Fahrten mit dem eigenen Auto zu reduzieren.
Sein Konzept sieht vor, keine weiteren Eisenbahnlinien stillzulegen. Stattdessen sollten die Angebote der einzelnen Verkehrsträger besser aufeinander abgestimmt werden, sagte Ramelow unserer Zeitung. So seien Parallelverkehre von Bus und Zug zu vermeiden, um nicht die Eisenbahn zu schwächen.
Alle Thüringer Verkehrsbetriebe sollten die Chancen der Digitalisierung ergreifen und sich gemeinsam über eine Plattform vermarkten, sagte Ramelow. Das gebe dem Nutzer die Möglichkeit, einfach Wege zu seinen Zielen zu finden.
In den großen Städten des Landes sieht der Regierungschef Probleme durch zu viel Individualverkehr in den Stadtzentren. Hier brauche es Lösungen, durch den Nahverkehr die Mobilitätsbedürfnisse zu befriedigen. Hohe Investitionen in Straßenbahnen stehen beispielsweise in Erfurt und in Jena an. In Jena selbst macht sich Ramelow für einen Bahnknoten stark, an dem auch Regionalbusse und die Straßenbahn halten. Diese könnten den Effekt in die ganze Region tragen.
Ministerpräsidenten ärgert das neue Azubi-Ticket
Für den ländlichen Raum bringt der Ministerpräsident neue Ansätze ins Gespräch. Buslinien sollten Orte je nach Größe im Stunden-Takt oder zumindest im Zwei-Stunden-Takt versorgen. Dabei müssten die großen Busse nicht zwingend jedes Dorf ansteuern, sondern diese Wege könnten über Taxis in Rufbereitschaften realisiert werden. Er unterstützt die Idee des CDU-Bundestagsabgeordneten Volkmar Vogel, mehr Tramp-Busse zu etablieren. Diese sollen auch außerhalb von Haltestellen Fahrgäste absetzen und aufnehmen und so die Wege für die Menschen im ländlichen Raum verkürzen.
Neue Wege schlägt Ramelow bei der Anbindung von großen Gewerbegebieten vor. Wenn sich Unternehmen einbringen und die Abnahme einer gewissen Zahl von Dauerkarten garantieren, könnte sich die Möglichkeit für zusätzliche Fahrten und neue Haltepunkte ergeben. Den Ministerpräsidenten ärgert, dass das neue Azubi-Ticket nicht flächendeckend in ganz Thüringen gilt.
Ramelow führte erste Gespräche mit den Geschäftsführern von Verkehrsbetrieben zur Mobilität der Zukunft. Er kündigte an, dies zum Thema im Landtagswahlkampf zu machen.
Aktuell gibt es in Thüringen den Verkehrsverbund Mittelthüringen, der von Gera bis Gotha reicht. Der Fahrgastverband Pro Bahn begrüßt den ins Gespräch gebrachten Thüringenverbund, sagt der Landesvorsitzende Olaf Behr. Jedoch mahnt er, dass aus seiner Sicht schon heute die Tickets im VMT-Gebiet zu viel kosten. Zwar seien die Preise im innerstädtischen Nahverkehr angemessen, Fahrkarten über mehrere Tarifzonen hinweg jedoch zu teuer.
Potenzieller Betreiber plant Fahrten für Firmen und Touristen
Wolkenburg. Die Ideen für eine Wiederbelebung der Muldentalbahn für touristische Zwecke werden immer konkreter. Wie Oberbürgermeister Jesko Vogel auf der Bürgerversammlung in Wolkenburg sagte, hat eine private Eisenbahnfirma aus Mittelsachsen Interesse daran, die Bahnstrecke wiederzubeleben. Es gehe um Tourismusverkehr am Wochenende sowie Güterverkehr etwa im Auftrag von Landwirtschaftsbetrieben, erklärte Vogel. Im Fokus stehe nicht die gesamte, 55 Kilometer lange Strecke von Glauchau bis Großbothen bei Grimma, sondern nur der Abschnitt von Glauchau bis Waldenburg. "Wir hoffen aber, dass wir den Betrieb bis Wolkenburg ausdehnen können", sagte Vogel. Nach seinen Angaben hat es vor einigen Wochen in Rochlitz ein Treffen mit Vertretern der Eisenbahnfirma sowie der Anrainerkommunen gegeben. Den Verlauf des Gespräches bewertete Oberbürgermeister als positiv. "Wir bewegen uns in die richtige Richtung. Zum ersten Mal seit Jahren scheint es eine tragfähige Lösung zu geben."
Die Eisenbahnfirma bestätigte auf Anfrage der "Freien Presse", dass es Überlegungen zur Reaktivierung der Muldentalbahn gebe. Nähere Angaben wollte der Geschäftsführer aber noch nicht preisgeben. Er verwies auf weitere geplante Gespräche und stellte genauere Informationen für Mitte Dezember in Aussicht. In Rochlitz gibt es derweil Überlegungen, den Abschnitt bis Narsdorf wieder in Betrieb zu nehmen, um eine Verbindung nach Leipzig einrichten zu können.
Die Diskussion um die Muldentalbahn hat im Laufe dieses Jahres immer mehr an Dynamik gewonnen. Als Eisenbahnenthusiasten in den Sommermonaten Draisinenfahrten anboten, war das Interesse groß, egal ob diese in Wolkenburg oder Waldenburg stattfanden. Zum Teil mussten Interessierte wieder nach Hause geschickt werden. Die Strecke gehört derzeit einer Firma aus Chemnitz, die an einer regelmäßigen Nutzung der Verbindung interessiert ist.
Im Jahr 2002 hatte die Deutsche Bahn nach der damaligen Hochwasserkatastrophe den Schienenverkehr auf der landschaftlich reizvollen Strecke durch das Muldental stillgelegt.
Chemnitz - Es geht endlich los: Mit leichter Verspätung starten die Bauarbeiten für die Bahnstrecke des "Chemnitzer Modells" nach Aue.
Großer Bahnhof an der Uni: Die Eröffnung des Abschnitts bis zum Campus und Technopark war im Dezember 2017 ein großer Meilenstein.
Für rund 300 Millionen Euro will der "Verkehrsverbund Mittelsachsen" das Umland an Chemnitz anbinden. Letzter großer Zwischenschritt war der Ausbau bis zum TU Campus und Technopark im Dezember 2017, jetzt wird die bestehende alte Bahnstrecke bis nach Aue fit gemacht.
Das Teilstück kostet rund 76 Millionen Euro, es entstehen neue Haltepunkte, Signale werden erneuert. Eine Sprecherin: "Während der Baumaßnahmen wird Schienenersatzverkehr angeboten." Der Vorteil: Die Busse der Linie 361 verkehren stündlich und somit öfter als vorher (Infos unter www.vms.de).
Sie fahren von Aue über Thalheim und Burkhardtsdorf bis zum Chemnitzer Hauptbahnhof. Die zweite Linie 76 schließt Einsiedel und Altchemnitz an Burkhardtsdorf an. In Altchemnitz können Fahrgäste dann wieder die Bahnlinie C11 nutzen.
In gut zwei Jahren sollen die Citybahnen durchs Zwönitztal bis nach Aue fahren. Perspektivisch stehen dann noch die Verbindungen nach Niederwiesa (Stufe 3), Limbach-Oberfrohna (Stufe 4) und Oelsnitz/E. (Stufe 5) an. Hierfür planen die VMS-Macher langfristig den Ankauf von 20 neuen Zügen.
Niesky - Die Verträge sind unterschrieben und beurkundet: Waggonbau Niesky (WBN) geht als Ganzes an den slowakischen Waggonbauer Tatravagónka aus Poprad (Deutschendorf) in der Zips. „Ein wichtiges Ergebnis unserer Arbeit der vergangenen Monate ist der Erhalt aller rund 300 Arbeitsplätze“, sagte Insolvenzverwalter Dr. Jürgen Wallner am Montag. „Auch aufgrund der erfolgreichen Verhandlungen mit der IG Metall, vertreten durch Jan Otto, und dem Betriebsrat können wir diese gute Nachricht an die Beschäftigten übermitteln.“ Ein weiterer wichtiger Partner in den Verhandlungen war die Insolvenzverwalterin der WBN Zwischenholding GmbH, Bettina Schmudde von der Kanzlei White & Case. Die Besitzgesellschaft ist Eigentümerin des Betriebsgrundstücks in Niesky, weshalb ein Erhalt der WBN in der bisherigen Form nur gemeinsam mit ihr ermöglicht werden konnte. „Mit unseren jetzt abgeschlossenen Verhandlungen haben wir es geschafft, die WBN als Ganzes zu erhalten. Dies ist auch für die betroffenen Gläubiger die sinnvollste Lösung“, erläutert Bettina Schmudde. Die internationale Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing hat unter der Federführung des Hamburger Partners Dr. Martin Heidrich beide Verkäufer rechtlich begleitet. „Wir sind sehr zufrieden, dass wir mit der Beratung der Verkäufer zu einem erfolgreichen Verlauf der Transaktion beitragen konnten“, ergänzt Dr. Martin Heidrich. Gesteuert wurde der Verkaufsprozess von Timo Klees und seinem Team von der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. „Nur aufgrund der Zusammenarbeit sämtlicher Beteiligter konnte der Verkauf der WBN gelingen“, so Klees. Einziger Vorbehalt für den erfolgreichen Verkauf: Abzuwarten ist die Fusionskontrollfreigabe durch das Kartellamt, die hoffentlich in einigen Monaten vorliegen wird.
Zukünftig wird WBN ein Teil des Konzerns Tatravagónka, der auf eine fast 100-jährige Geschichte bei der Herstellung von Güterwagen zurückblicken kann. Während dieser Zeit wurden mehr als 130.000 Güterwagen in fast 100 verschiedenen Konstruktionsausführungen hergestellt, was einer Zuglänge von ca. 6.500 km entspricht. Hinzu kommen fast 400.000 Drehgestelle. Gründer des Unternehmens war die Familie Halath, die im Jahre 1922 einen Auftrag zur Reparatur der Güterwagen für die Tschechoslowakischen Eisenbahnen erhielt. 1946 begann die eigentliche Produktion von Güterwagen.
Nachdem Anfang März bereits ein Großauftrag über den Neubau von 160 Schüttgutwaggons über einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag zwischen der K+S AG und dem Waggonbau Niesky (WBN) gezeichnet werden konnte, gelang es dem Insolvenzverwalter Dr. Jürgen Wallner, einen weiteren Vertrag mit einem Logistiker über den Neubau von 149 Autotransportwaggons mit einem Gesamtvolumen von mehr als 23 Mio. Euro abzuschließen. Darüber hinaus konnten weitere kleinere Aufträge mit einem Gesamtvolumen in Höhe von etwa 11 Mio. Euro gesichert werden, deren Erfüllung nach der Insolvenzantragstellung zunächst gefährdet war. Die Produktion in Niesky lief trotz Insolvenz bei guter Auslastung mit 300 Arbeitsplätzen weiter.
Bis Ende März konnte der Insolvenzverwalter insgesamt 13 unverbindliche Angebote von potenziellen Investoren entgegennehmen. Diese wurden ausgewertet, geprüft und mit dem Gläubigerausschuss abgestimmt. Unter den Interessenten befanden sich sowohl strategische Investoren aus dem In- und Ausland als auch Finanzinvestoren. „Mit Tatravagónka haben wir einen aus unserer Sicht optimalen Käufer für den Waggonbau Niesky ausgewählt“, erklärt Insolvenzverwalter Dr. Jürgen Wallner.
Die Pläne von Ministerpräsident Michael Kretschmer zum Bahn-Ausbau werden konkreter. Das könnte dem Tourismus und der Wirtschaft erheblich nutzen.
Löbau. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat dieser Tage eine ICE-Verbindung zwischen Berlin und Görlitz ins Gespräch gebracht. Er glaubt, dass wegen des Braunkohleausstiegs schnell Mittel zur Verfügung stehen könnten, um den bevorstehenden Strukturwandel zu stemmen. Gleichzeitig will er aber noch ein weiteres Bahn-Projekt forcieren: Die Elektrifizierung der Strecke zwischen Dresden und Görlitz, die über Löbau führt. Der Fahrdraht würde theoretisch auch über diese Strecke eine ICE-Verbindung möglich machen. Für den Eisenbahn-Experten Alfred Simm, Chef der Ostsächsischen Eisenbahnfreunde (Osef) in Löbau steckt da zwar viel Träumerei drin. Seiner Meinung nach würde ein ICE die südliche Oberlausitz aber allein touristisch schon sehr beleben. Denn in der derzeitigen Bahnsituation sieht er ein erhebliches Takt-Problem. „Wenn die Menschen in Dresden ankommen und umsteigen müssen, stehen sie da wegen der schlechten Anschlüsse eine Stunde am Bahnsteig“, sagt Simm. Im engen Anschluss würden aber S-Bahnen zu anderen touristischen Zielen, etwa in die Sächsische Schweiz abfahren. „Beim nächsten Mal sagen diese Menschen dann gleich, ich fahr lieber dahin“, so Simm. Die Trasse zwischen Dresden und Görlitz sei derzeit für eine Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometern zugelassen. Das sei sehr langsam für einen ICE, so Alfred Simm. Kurvenradien und Neigungswinkel auf der Strecke dürften für den ICE aber passen.
Wie auch die Löbauer Wirtschaft von einem ICE erheblich profitieren könnte, zeigt ein Beispiel aus Rheinland-Pfalz. Vor Jahren setzte das Land einen ICE-Halt im nur 13000 Einwohner zählenden Städtchen Montabaur an der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt und Köln durch. Die Wirtschaftsleistung von Stadt und Umland stieg in sechs Jahren um 10 Prozent.
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Ostbahn - Fünf Minuten schneller als 1939
Start um 22.49 Uhr in Gorzów: Gut eine Stunde vor Mitternacht setzte sich der in Polen gebaute Triebwagen der Niederbarnimer Eisenbahn am Sonnabend in Bewegung. Genau 0.23 Uhr traf er auf dem Bahnhof in Berlin-Lichtenberg ein.
Gorzów / Berlin (MOZ) - Die Fahrgastzahlen auf der Ostbahn von Berlin über Ostbrandenburg bis nach Polen steigen. Gleichzeitig ist die Strecke noch immer größtenteils eingleisig und nicht elektrifiziert, drängen sich die Fahrgäste in den Triebwagen. Dem Ziel, dies zu ändern, diente eine Rekordfahrt in der Nacht zum Sonntag.
Jürgen Murach hat ein altes Kursbuch der Deutschen Reichsbahn vor sich: „Im Sommer 1939 brauchten die Fernzüge von Berlin nach Memel (dem heutigen Klaipeda in Litauen) für die 130 Kilometer bis Landsberg an der Warthe (dem heutigen Gorzów in Westpolen) 99 Minuten. Sie hielten unterwegs freilich nur einmal in Küstrin.“
Fast 80 Jahre später – im Sommer 2018 – können die vielen Berufspendler auf der gleichen Strecke, von denen die meisten natürlich nicht bis nach Polen fahren, sondern zwischen Neuenhagen, Müncheberg, Seelow-Gusow und Küstrin-Kietz (alle Märkisch Oderland) ein- und aussteigen, von solchen Zeiten nur träumen. „Die aktuellen Fahrzeiten liegen zwischen 137 und 170 Minuten“, erläutert Murach, der in den Arbeitsgruppen für Polen und für Mobilität der Berliner SPD engagiert ist.
Dies liegt zum einen daran, dass die Strecke noch immer nur weitestgehend eingleisig und nicht elektrifiziert ist, zum anderen aber auch daran, dass es kaum Lokomotiven und Triebwagen gibt, die für die unterschiedlichen Zugsicherungssysteme in Deutschland und Polen ausgerüstet sind. Die „Niederbarnimer Eisenbahn“ (NEB), die den Verkehr auf dieser Strecke betreibt, konnte erst vor zwei Jahren die ersten, in Polen gebauten Pesa-Züge kaufen, die in beiden Ländern zugelassen sind. Bei deren Einführung gab es freilich auch noch einige technische Schwierigkeiten, die aber mittlerweile überwunden erscheinen.
„Die Deutsche Bahn aber macht bisher überhaupt keine Anstrengungen, solche Züge zu erwerben“, kritisiert Murach. Der vielgerühmte Kulturzug, der an den Wochenenden zwischen Berlin, Cottbus und Breslau fährt, existiere auch nur, weil es noch alte Dieselfahrzeuge aus den 1970er-Jahren gäbe.
Um auf all diese Missstände im deutsch-polnischen Eisenbahnverkehr hinzuweisen und gelichzeitig zu demonstrieren, was bei gutem Willen aller Beteiligten möglich wäre, hatten mehr als 80 SPD-Mitglieder aus Berlin und Brandenburg einen Sonderzug bei der NEB gechartert.
Mit diesem fuhr man am Sonnabend zunächst nach Zielona Góra (Grünberg), um gemeinsam mit einigen Genossen von der polnischen Sozialdemokratischen Partei SLD das Weinfest zu besuchen und die Partner auch im bevorstehenden Regionalwahlkampf in Polen zu unterstützen. Dann ging es weiter nach Gorzów, wobei es auf einigen Unterwegsbahnhöfen auch zu kurzen Treffen mit den jeweiligen Ortsverbänden der SLD kam.
Die eigentliche Rekordfahrt startete dann um 22.49 Uhr in Gorzów. „Wir können solch eine Fahrt nur in den Nachtstunden machen, wenn es auf der eingleisigen Strecke keinen Gegenverkehr gibt“, erläuterte Murach. Im Grenzort Kostrzyn wurde der obligatorische polnisch-deutsche Fahrerwechsel absolviert, bevor es über das absolute Nadelöhr der Strecke – die völlig marode Brücke über die Oder an der Grenze – ging. Deren geplanter Neubau wird wohl noch Jahre dauern. Auch der Rekordzug schlich mit Tempo 50 darüber.
Einen weiteren Kurzhalt gab es in Gusow, damit der dortige Bürgermeister Karl-Heinz Klein aussteigen konnte, der das Experiment natürlich auch höchst spannend für seine Gemeinde fand. Bei der Ankunft in Berlin-Lichtenberg um 0.23 Uhr war dann die Freude groß: „94 Minuten! Genau fünf Minuten schneller als die Deutsche Reichsbahn 1939“, verkündete Jürgen Murach. Die Forderungen an die Politik und an die Bahnen, auch für den Alltag zeitgemäße Lösungen zu schaffen, sollen dadurch natürlich neuen Schwung bekommen.